Der Monat Januar trägt für uns den Titel: Besuchen und besucht werden. Denn von 19.1-21.1.2012 haben wir Besuch von unserer lieben Malathi, Mentorin der Mentoren, bekommen. Nach unserem letzten Treffen im November haben wir uns sehr über ihren Besuch gefreut und konnten ausgiebig mit ihr reden und ihr unser Projekt zeigen: Während ihres Aufenthalts waren wir teilweise in Pondicherry, teilweise in Kattumannar Koil, um ihr alle Bereiche unserer Arbeit zu zeigen. Nach verschiedenen Gesprächen mit unserem Director Sir, unseren lieben Mentorinnen Jeeva und Vijaya und auch mit uns selbst, hat Malathi feststellen können, dass alle sehr zufrieden mit dem Programm der KKS sind, weshalb wir uns an dieser Stelle bei ihr bedanken wollen:
Dear Malathi, we really enjoyed the good time with you and will never forget the nice time we had together. You are one of the most impressive persons we’ve ever met because you are always in a good mood and you make people happy (especially when you joke with our Director Sir!).
We thank you for your support and hope to meet you again in future! Big hugs from Pondicherry
Nachdem Malathi am Samstag, den 21.01.2012 wieder zurück nach Coimbatore gefahren ist, haben wir auch wir die Reise dorthin angetreten. Denn für uns stand der “Interprojectvisit” auf dem Plan. Aber was ist das eigentlich? Unsere Organisation, die KKS, ermöglicht jedem Tandem einen Besuch in einer anderen NGO, damit man verschiedene Einblicke in die Entwicklungsarbeit bekommt und unterschiedliche Projekte kennenlernt.
Wir sind nach Coimbatore zu Mona und Lena, zur Organisation NMCT gefahren. Denn die Arbeit der beiden unterscheidet sich sehr von unseren Aufgaben, da sie im Gegensatz zu uns nicht nur Englischlehrerinnen, sondern hauptsächlich “Sisters” sind. Das bedeutet, dass sie in ihrem Projekt mit 29 Mädchen zusammen wohnen, deren Familien teilweise von HIV betroffen sind. Im Abhaya Student Shelter können sie besser betreut werden und haben seit vier Jahren jedes Jahr zwei deutsche Schwestern. Zu den Hauptaufgaben von Mona und Lena zählt natürlich die Unterstützung im Alltag, aber auch die “Cycling class”, wo die Mädchen Fahrrad fahren lernen und natürlich die “Play time”, wo unter anderem begeistert zu “Memories” von David Guetta Stopptanz gemacht wird. Natürlich geben die beiden auch Englischunterricht, aber anders als bei uns zählt vor allem, dass sie die Kinder in ihrem normalen Alltag unterstützen.
Am Morgen unserer Ankunft um 7 Uhr, wurden wir von verschlafenen Mädchen mit einem herzlichen “Good morning sister, how are you?” begrüßt und wir haben uns gleich sehr wohl gefühlt. Am Nachmittag haben Mona und Lena “Skill building” mit den Mädchen gemacht: sie hatten viele Spangen, Haargummis und Dekoration gekauft um mit den Mädchen neuen Haarschmuck herzustellen. An dieser Stelle müssen wir unseren Freundinnen ein großes Lob aussprechen! Denn trotz großer Unordnung, vielen “Sister”-Rufen und Kleinarbeit mit Nadeln und winzigen Steinen, sind die zwei gelassen geblieben und das Resultat konnte sich wirklich sehen lassen! Die Mädchen haben wunderschönen Haarschmuck gemacht, sodass wir sehr beeindruckt waren.
Ein weiteres Highlight war der Besuch in einer “Textile factory” in Tirupur, etwa zwei Stunden entfernt von Coimbatore. Dank NMCT hatten wir die Möglichkeit uns eine Fabrik anzuschauen, in der Kleidung für europäische und amerikanische Firmen hergestellt wird. Aber was hat man sich darunter eigentlich vorzustellen?
Eigentlich hatten wir erwartet, dass wir in eine riesige Arbeitshalle kommen würden, wo es stickig und heiß ist, die Menschen stundenlang arbeiten und man vor allem auf Kinderarbeit stößt. Denn es ist kein Geheimnis, dass viele große Konzerne Menschen in Entwicklungsländern ausbeuten und unter schlechtesten Bedingungen arbeiten lassen. Die Realität war, in unserem Fall, zum Glück eine andere:
Wir haben eine riesige Halle betreten, in der etwa 70 Menschen gearbeitet haben. Das Gebäude wurde vor vier Jahren gebaut, auf dem Dach befanden sich Solarkollektoren, im Inneren liefen Ventilatoren und die Menschen scheinen gute Arbeitsbedingungen zu haben. Nach einigen Unterhaltungen wurde deutlich, dass die Fabrikbesitzer, aber auch der Manager einer Vermittlungsagentur, großen Wert darauf legen:
1. Der Arbeitslohn für einen Tag ist zwar von der Leistungsfähigkeit eines jeden Arbeiters abhängig, aber man kann pro Tag etwa 350-500 RS verdienen, was etwa zwischen 5 und 7 Euro sind. Das ist für indische Verhältnisse nicht wenig, wenn man bedenkt, dass ein Reisarbeiter maximal 80 RS, also 1,20 Euro, verdient.
2. Sind die Arbeitszeiten sehr gut: Um 9 Uhr morgens beginnt die Arbeit und es gibt drei Pausen, zwei kurze Teepausen und eine Mittagspause. Arbeitsende ist offiziell um 17 Uhr, man kann aber auch bis 21 Uhr arbeiten und somit mehr verdienen. Manchmal müssen auch Nachtschichten eingelegt werden, die um 1 Uhr nachts enden.
3. Sehr wichtig ist vor allem, dass die Arbeiter versichert sind. Das ist in Indien nicht üblich und sehr teuer, weshalb man die Arbeitsstelle als eine sehr gute bewerten kann.
Alles in allem haben wir an diesem Tag sehr viel über Produktion und Vermarktung von Kleidung erfahren und endlich verstehen können, wie unsere Anziehsachen entstehen. Man muss an dieser Stelle aber auch betonen, dass wir uns die Produktion von einer Firma angeschaut haben, die “ethnical trade” unterstützt. Wer mehr darüber erfahren möchte, kann sich im Internet die verschiedenen Firmen durchlesen. Leider haben nur sehr wenige Firmen Interesse an guten Arbeitsbedingungen für die Arbeiter in Indien, Bangladesh, Kambodscha oder China, sodass unsere Kleidung meistens unter schlechten Umständen produziert wird.
Wir selbst wissen noch nicht genau, wie wir mit unseren neuen Kenntnissen umgehen sollen, da wir eindeutig zu wenig Einsicht in die Produktion bekommen haben, um darüber werten zu können. Aber wir hoffen trotzdem, dass wir mehr Menschen dazu anregen können darüber nachzudenken, wo man welche Kleidung, Schokolade oder Tee kauft und sich bewusst darüber zu sein, dass fairer Handel in einigen Fällen ziemlich viel bewirken kann.
An dieser Stelle einen großen Dank an Mona, Lena und die Mädchen, die uns in ihrer Familie als “Sisters” aufgenommen haben und uns vier sehr schöne Tage bereitet haben, die wir so schnell nicht mehr vergessen werden. Vielen Dank auch an den Director Sir von NMCT, da wir ohne seine Zustimmung niemals diese tolle Erfahrung gemacht hätten und so viele neue Eindrücke hätten sammeln können!
Es grüßen euch aus dem warmen Indien eure Ronja und Johanna!