Das “weltwärts”- Programm der Bundesregierung steht des Öfteren in der Kritik. “Zu viel Geld für zu wenig Ergebnis”, “unausgebildete Arbeitskräfte im Ausland sind keine Entwicklungshilfe” oder auch “Tourismus auf Kosten der Steuerzahler” wird das Programm teilweise genannt.
Unser Auslandsaufenthalt als “weltwärts”- Freiwillige neigt sich jetzt dem Ende zu und wir kommen nicht drumherum uns Gedanken um den Sinn unseres Freiwilligeneinsatzes zu machen.
Was hat es gebracht?
War es das Richtige für mich?
Ist das was ich bewirkt habe nachhaltig?
Der heutige Blogeintrag soll sich mit diesem auch etwas brisanten Thema beschäftigen.
Wir leben jetzt seit Anfang September in Indien, insgesamt sind das sieben Monate, die wir im Projekt verbracht haben. Die ersten zwei Monate waren besonders aufregend, ungewohnt und teilweise auch sehr anstrengend. Wir wurden mit Herausforderungen konfrontiert, mit denen wir in Deutschland unter normalen Umständen wohl nicht zu tun gehabt hätten. Da wären Schimmel, kaputte Toiletten und im Januar ein Zyklon und ein 4-tägiger Strom- und Wasserausfall.
Was war eigentlich unsere Absicht?Es ist wahr, dass wir die Welt nicht retten können indem wir für sieben Monate ins Ausland gehen, und auch “helfen” tun wir in Indien nicht wirklich. Unser Verständnis ist, dass wir hier sind, um etwas anderes von der Welt zu sehen, einen Blick über den Tellerrand zu wagen, und das nicht als Tourist zu tun, sondern intensiver als bei einem Urlaub.
Und vorallem war uns wichtig, dass wir das, was wir gesehen haben, mit nach Deutschland nehmen. Wir wollen unsere Erfahrungen teilen und zeigen, dass wir uns nicht vor der großen weiten Welt verschließen sollten, sondern immer mit offenen Augen leben sollten.
Was taugen Abiturientinnen als Englischlehrerinnen?Wir sind keine ausgebildeten Lehrerinnen, das geben wir zu. Und uns passieren leider auch immer mal wieder kleine Fehler im Englischunterricht. Trotzdem sind wir dank der kreativitätsfördernden Erziehung unserer Eltern und Lehrer in der Lage uns immer wieder neue Ideen und Methoden für den Englischunterricht auszudenken und abwechlungsreich zu unterrichten.
Im Unterricht ist uns nach einiger Zeit aufgefallen, dass viele Kinder überhaupt nicht Englisch schreiben oder lesen können (die Regionalsprache hier ist Tamil und hat auch eine andere Schrift). Auch wenn es schwierig war, diesen Umstand so hinzunehmen, mussten wir doch einsehen, dass wir es nicht schaffen würden in diesen sieben Monaten und mit ungenügenden Tamilkenntnissen den Kindern das Lesen beizubringen.
Unsere Messlatte musste also um ein ganzes Stück nach unten gesetzt werden. Nachdem wir das getan hatten, konnten wir uns aber auch einigermaßen stolz auf die Schulter klopfen und sagen:
Diejenigen, die nicht lesen können, trauen sich jetzt wenigstens, mit ihrem Englisch zu kommunizieren. Und wir haben bei einigen Kindern miterlebt, wie sie über längeren Zeitraum eine unglaubliche Freude an der Englischen Sprache und an unseren verschiedenen Lehrmethoden gefunden haben.
Wir hoffen, dass selbst wenn wir nicht mehr da sind, die Begeisterung für eine fremde Sprache bestehen bleibt. Als Mona und Lena uns zum Beispiel besucht haben, haben sich die Kinder riesig gefreut, dass sie ihr Englisch ausprobieren konnten.
Wir als Kulturvermittler?
Egal wo man in Indien ist, man wird immer und immer wieder gefragt, wie wir die “Indian Culture” finden. Das Wort “Culture” haben wir in unserem Leben noch nie so oft gehört, es war uns noch nie so präsent, aber irgendwie wissen wir immer noch nicht was das ist, die “Culture”.
Aber auch wir wollten nicht nur die neue Kultur absorbieren sondern auch zeigen, wie wir das Leben kennen und was wir denken. Deshalb sind wir zu Profi-Seiltänzern geworden, die sich angemessen und höflich verhalten wollen, die aber auch ihre eigene Meinung zum Thema Kinder schlagen, arrangierte Ehen und Effizienz haben und das auch ansprechen, wenn nötig.
Sind wir nachhaltig?
Die wohl größte Frage ist die Nachhaltigkeit. Was passiert, wenn wir weg sind? In der Tuition class, in der wir unterrichten gibt es zwar eine sehr liebe Lehrerin, aber Englisch ist nicht unbedingt ihre Stärke. Was bringt dann die Motivation der Kinder, Englisch zu lernen, wenn sie nicht weiter machen können?
Diese Gedanken machen uns teilweise sehr traurig, aber ändern lässt sich wohl daran nichts. Obwohl nächstes Jahr neue Freiwillge in unser Projekt kommen werden, werden sie in eine andere Schule gehen und nicht bei unseren Schülern weiter machen.
Ein kleines Trostpflaster ist in diesen Momenten, dass wir sehr viel Anerkennung für unsere Lehrmethoden, Spiele und Lieder bekommen haben. Wir haben sogar schon einen Vortrag darüber gehalten und 35 Tuition class- und Bridge-School- Teacher darüber informiert. Wir hoffen, dass sie den Kindern weiterhin Zeit zum Spielen und Kindheitgenießen geben und sie angemessen fördern.
Und über all dem steht, dass wir durch unsere Anwesenheit und unser Verhalten hoffentlich gezeigt haben, dass wir auf einer Augenhöhe mit den Menschen hier sind. Wir wollten nicht als Besserwisser hier her kommen. Wir finden bei Weitem nicht alles gut, was sie machen, aber wir akzeptieren es. Die indische Kleidung, die wir hier tragen, soll zeigen, dass wir sie respektieren und schätzen, dass wir ihr Essen essen, dass wir bei ihren Feiertagen mitmachen und ihre Sprache (versuchen) zu lernen.
Fazit?
Uns persönlich hat dieser Auslandsaufenthalt sehr viel gebracht und wir beide wollen ihn nicht missen. Wir hatten das Gefühl zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein und dort auch gebraucht zu werden und wilkommen zu sein.
Entgegen der Meinung, dass “weltwärts” Tourismus auf Kosten der Steuerzahler ist können wir sagen: Bei uns nicht! Und vor allem bei der Karl- Kübel- Stiftung nicht, die uns unglaublich gut vorbereitet und betreut hat. Wir haben viel gearbeitet und reisen jetzt erst am Ende unserer Zeit herum.
Natürlich, in Indien wird anders gearbeitet als in Deutschland, aber wir haben unser Bestes gegeben und wir sind zufrieden mit dem, was wir den Menschen, die Zeit mit uns verbracht haben, mitgegeben haben.
In diesem Sinne: Vielen Dank an alle, die uns diesen Auslandsaufenthalt ermöglicht haben, wir sind daran sehr gewachsen.
Eure Johanna und Ronja
Freitag, 24. Februar 2012
Die Frage nach dem Sinn
Freitag, 17. Februar 2012
Wie aus Karneval “Happy friendship day” wird
Endlich war es soweit! Auch wir hatten endlich die Möglichkeit, jemandem unser Projekt, unsere Arbeit und unser Leben in Indien vorzustellen. Vom 12.02-16.02 haben uns Mona und Lena aus Coimbatore besucht und wir haben ein paar tolle Tage zusammen verbracht, von denen wir nun berichten werden.
Sonntag, 12.02.2012: Ankunft von Mona Lena um 6 Uhr morgens in Pondicherry!
Nachdem wir uns alle über das Wiedersehen gefreut haben und uns die wichtigsten Neuigkeiten erzählt hatten, mussten wir alle etwas Schlaf nachholen, um danach gut erholt in die Stadt zu fahren und zu Frühstücken. Pondi ist den meisten als Touristenstadt mit französischem Flair bekannt und so haben auch wir unseren gemeinsamen freien Tag genossen, um gemeinsam zu frühstücken. Saft, unglaublich leckere Schokocrossaints und einen guten Cappucino…und das in Indien!
Nach so einem unglaublich guten Frühstück kann man tatsächlich nur Strahlen!
Dank des guten Frühstücks haben wir uns danach auf den Weg in die größte Einkaufsstraße gemacht, um verschiedene Geschäfte zu durchstöbern, Schmuck zu kaufen und natürlich auch um das französische Viertel Pondicherrys zu bestaunen. Zum gemeinsamen Mittagessen haben wir uns mit Jan und Till aus Chennai getroffen (weltwärts-Freiwillige von Jugend im Ausland) und zusammen haben wir einen sehr guten Salat gegessen und unsere Erfahrungen ausgetauscht. Da die beiden Jungs wieder zurück in ihr Projekt mussten, haben wir den restlichen Tag im Park und am Strand verbracht. Abends haben wir bei einem westlichem Essen die Zeit zu viert genossen, in der man über so viele Dinge reden kann, die unseren Liebsten zu Hause meistens verrückt und fremd vorkommen.
Montag, 13.02.2012: Am Morgen sind wir alle zusammen zum REAL Office in Pondicherry gefahren, um dort unseren Director Sir, unsere Mentorin Jeeva und unsere Arbeitskollegen vorzustellen. Mona und Lena wurden sehr herzlich empfangen und wurden beide mit dem traditionellen indischen Schal geehrt, was sie sehr gefreut hat.
Den Vormittag haben wir damit verbracht uns Auroville anzuschauen (wohin es die meisten Touristen in Pondicherry führt) und nachmittags haben wir verschiedene Selbsthilfegruppen von REAL besucht. Besonders überrascht waren wir, als wir eine Familie besucht haben, welche Limonade und Eis produziert. Dank der Unterstützung durch REAL können eine ganze Familie und viele weitere Frauen vom Einkommen der Selbsthilfegruppe leben und unabhängig werden. Auch wir haben die Limonade probiert und uns gleich einen Vorrat gekauft!
Dienstag, 14.02.2012: Die Fahrt in unser Dorf Kattumannarkoil
Nachdem wir Mona und Lena unser schönes Pondicherry gezeigt hatten, wollten wir natürlich auch zeigen, wie wir im Dorf leben, was wir mit den Kindern machen und vor allem, wie der Zyklon “Thane” Ende Dezember das Leben vor Ort verändert hat. Auf unserem Weg zum Dorf haben wir in einem Ort angehalten, in welchem REAL tätig ist, und mit den Menschen gesprochen. Nach über 1 1/2 Monaten wurde nun endlich der Zugang zu Strom wieder hergestellt. Aber trotzdem sieht man an den zerstörten Hütten und den Feldern, dass die Rückkehr zum normalen Alltagsleben sicher noch lange dauern wird.
Wie so oft fühlt man sich als Freiwilliger in Indien sehr hilflos, weil man an den Umständen wenig ändern kann und wir sind froh, dass nun auch Mona und Lena die Situation besser verstehen können. Wenn man das Geschehen vor Ort sieht, kann man es eher verstehen, als wenn es Bilder sind, in denen sich nichts bewegt und man die Schwierigkeiten und Herausforderungen der Menschen nicht spüren kann.
In diesem Haus wird anscheinend noch gekocht, was man an den vielen Töpfen und einem Reissack gesehen hat.
Wir haben die Bewohner zwar nicht getroffen, aber man kann nur hoffen, dass sie dort nicht mehr wohnen müssen. Denn spätestens in einem Monat wird man es vor Hitze kaum noch aushalten können.
Gegen Mittag sind wir in Kattumannarkoil angekommen und abends haben wir unsere zwei Gäste natürlich mit zur Tuitionclass genommen, wo sie sehr herzlich empfangen wurden. Besonders gefreut haben uns dabei die Fortschritte von unseren Kindern: Waren sie am Anfang noch sehr scheu Fremden gegenüber und zu schüchtern, um ihr Englisch anzuwenden, haben sie sich mittlerweile um 180 Grad gewendet: “Miss Lena, what is your father’s name?”, “Miss Mona, what is your mother’s profession?” und natürlich durfte die Standardfrage “Do you like Indian culture"?” auch nicht fehlen.
Mittwoch, 15.02.2012: Besuch in der Schule und Karneval (auch Happy friendship day)
Ein Besuch in unserer Schule durfte natürlich auch nicht fehlen. Alle Kinder waren sehr überrascht, als plötzlich vier Weiße das Schulgelände betraten.
Hier sieht man Mona und Lena in unserem Unterricht
Als besondere Überraschung hatten wir in der Tuitionclass eine “Karnevalsfeier” geplant. Dank Kinderschminke, Luftballons und Luftschlangen aus Deutschland wollten wir den Kindern einen tollen Tag bescheren. Zum Glück hatten wir Unterstützung aus Coimbatore, denn sonst wären wir mit der Horde wahrscheinlich verrückt geworden. Etwa 40 Kinder sollten in einer Stunde geschminkt werden und außerdem hatten wir Spiele geplant.
Natürlich kommt in Indien immer alles anders als man denkt, da beim Aufblasen von unzähligen Luftballons, Verteilen von Luftschlangen und Malen der Sinn von Karneval etwas entfremdet wurde. Während Ronja und Mona dank ihrer kreativen Ader turbo-geschminkt haben, wollten Lena und Johanna sich mit dem Malen beschäftigen. Das Thema sollte “Friendship” sein, weshalb plötzlich alle gerufen haben “Miss, happy friendship day"”.
Als Fazit des Abends kann man sagen, dass natürlich mal wieder alles anders gelaufen ist, als wir es eigentlich geplant hatten, aber so fröhlich, ausgelassen und glücklich haben wir unsere Kinder selten gesehen. Besuch aus Coimbatore, unglaubliche bunte Gesichter, die strahlen und verrückte, tanzende Kinder mit Luftballons! Einfach schön…
Aus diesem Bild sollte eigentlich ein Gruppenfoto werden…Wer sein Glück versuchen will, kann die weißen Gesichter von uns dazwischen suchen!
Donnerstag, 16.02.2012: Abfahrt von Mona und Lena und ein Abschied, der kein richtiger ist, da wir uns schon in drei Wochen schon wieder sehen, und zwar auf der Rundreise!
An dieser Stelle möchten wir uns dafür bedanken, dass Lena während des Besuchs sehr viele und schöne Bilder gemacht hat, dass Mona fleißig geschminkt hat und dass wir eine so schöne Zeit zusammen hatten.
We would also like to thank our Director Sir who is always very caring and generous and we do not know how to thank him for his support. Thanks to Jeeva, who always trusts us and big thanks to Vijaya because she is the best cook one can imagine!
Eure Ronja und Johanna
Freitag, 3. Februar 2012
Sagt mal, wie lebt ihr denn eigentlich da in Indien?
Es wird höchste Zeit, dass wir euch auch mal zeigen, wie denn eigentlich unsere Unterkünfte in Indien aussehen, denn es ist wohl ziemlich schwierig, sich vorzustellen wie wir so leben.
Allem voran ist erst einmal zu sagen, dass wir sowohl in der Stadt als auch auf dem Land leben. Dank unserer Organisation ist es uns ermöglicht in Pondicherry das Stadtleben und in Kattumannar Koil das Landleben zu erfahren. Im Dorf unterrichten wir Englisch- in der Stadt sind wir im Office, schreiben Reports und Blogeinträge sowie Zeitungsartikel, je nach Bedarf.
Wir wollen gar keine großen Worte verlieren, sondern einfach hoffen, dass die Bilder einen guten Eindruck vermitteln wie so eine indische Wohnung aussieht und ihr es euch zu Hause besser vorstellen könnt.
Das hier ist unser Apartment in Pondicherry. Es befindet sich etwas außerhalb in einem typisch indischen Wohngebiet und wir können mit unseren Fahrrädern ins Office und in die Stadt fahren.
Das hier ist das Haus. Wir wohnen in der ersten Etage auf der rechten Seite, die Wohnung mit dem großen Balkon. Der Eingang befindet sich auf einem kleinen Balkon, den wir uns mit unserer Nachbarin, unserer Aunty, teilen.
In Indien gibt es keinen Flur. Der Hauseingang führt direkt ins Esszimmer. Die hinter Tür führt in die Küche, der Durchgang rechts zum Schlafzimmer, zum Bad und zum Balkon.
Das hier ist unsere Küche. Gekocht wird mit Gas, da es zu oft Stromausfälle gibt. Wir werden zwar meistens von unserer Nachbarin bekocht, ab und zu machen wir uns aber auch mal eine Tütensuppe oder Nudeln mit Tomatensauce.
Das Bad. Wir duschen immer “indisch”- das bedeutet: Wasser in einen eimer laufen lassen und mit einem kleinen Eimer immer wieder überschütten. Es gibt zwar auch einen Duschkopf- allerdings kommt dort nur kaltes Wasser heraus. (den Boiler im Bad haben wir allerdings auch erst nach zwei Monaten entdeckt). Toilettenpapier ist übrigens eine sehr kostspiele Sache hier. Für eine Packung mit 8 Rollen muss man ca 5 € bezahlen, was für indische Verhältnisse ein stolzer Preis ist.
Links Johanna, rechts Ronja. So sieht unser Schlafzimmer aus- glaubt bloß nicht, dass es immer so ausschaut! Da die Malathi gekommen ist, mussten wir aufräumen. Da hat es sich angeboten unsere Wohnung auch mal auf Fotos festzuhalten.

Und zu guter Letzt unser Balkon, auf dem wir alle unsere von Hand gewaschenen Kleidungsstücke trocknen lassen.
Das war Pondicherry. In Kattumannar Koil leben wir, wie schon mal erwähnt, über dem Bürogebäude. Wir haben dort zwei sehr große Zimmer und ein kleines Bad und werden von Vijaya bekocht. Die Wohnung in der 2. Etage erreicht man über eine Außentreppe.
Herein spaziert in unser trautes Heim. An diesem Tisch Essen wir, planen Unterricht und hängen im Internet ab- und es sieht wie immer chaotisch aus. Die Gitterstäbe der Fenster und an ihnen festgemacht Leinen dienen zum Wäscheaufhängen und im Kühlschrank in der Ecke ruht unsere Schokolade. (übrigens befindet sich links Johannas, rechts Ronjas Stammplatz)
Lässt man den Blick nach rechts schweifen erschließt sich einem die ganze Pracht unseres Esszimmers. Das Waschbecken befindet sich nicht im Bad sondern im Aufenthaltsraum (denn vor dem Essen Händewaschen nicht vergessen!). Hinter der braunen Holzwand verbirgt sich unser Schlafzimmer…
Links unser schöner Kleiderschrank, Taschen, Saris und ein Schreibtisch, der nicht als solcher verwendet wird.
Und hier schlafen wir, gucken Filme, Skypen, Hören Musik oder lesen. Links Ronja, rechts Johanna- hat sich jeder eingenistet und es sich mit Bildern von zu Hause gemütlicher gemacht. In der abgetrennten Kammer links befindet sich das Bad. Die Betten lüften übrigens gerade um dem Schimmel eins auszuwischen.
So, wir hoffen ihr könnt euch jetzt ein bisschen besser vorstellen, wie wir leben. Wir belden uns bald wieder!
Eure Johanna und Ronja
Samstag, 28. Januar 2012
Vom “Besuchen und besucht werden”
Der Monat Januar trägt für uns den Titel: Besuchen und besucht werden. Denn von 19.1-21.1.2012 haben wir Besuch von unserer lieben Malathi, Mentorin der Mentoren, bekommen. Nach unserem letzten Treffen im November haben wir uns sehr über ihren Besuch gefreut und konnten ausgiebig mit ihr reden und ihr unser Projekt zeigen: Während ihres Aufenthalts waren wir teilweise in Pondicherry, teilweise in Kattumannar Koil, um ihr alle Bereiche unserer Arbeit zu zeigen. Nach verschiedenen Gesprächen mit unserem Director Sir, unseren lieben Mentorinnen Jeeva und Vijaya und auch mit uns selbst, hat Malathi feststellen können, dass alle sehr zufrieden mit dem Programm der KKS sind, weshalb wir uns an dieser Stelle bei ihr bedanken wollen:
Dear Malathi, we really enjoyed the good time with you and will never forget the nice time we had together. You are one of the most impressive persons we’ve ever met because you are always in a good mood and you make people happy (especially when you joke with our Director Sir!).
We thank you for your support and hope to meet you again in future! Big hugs from Pondicherry
Nachdem Malathi am Samstag, den 21.01.2012 wieder zurück nach Coimbatore gefahren ist, haben wir auch wir die Reise dorthin angetreten. Denn für uns stand der “Interprojectvisit” auf dem Plan. Aber was ist das eigentlich? Unsere Organisation, die KKS, ermöglicht jedem Tandem einen Besuch in einer anderen NGO, damit man verschiedene Einblicke in die Entwicklungsarbeit bekommt und unterschiedliche Projekte kennenlernt.
Wir sind nach Coimbatore zu Mona und Lena, zur Organisation NMCT gefahren. Denn die Arbeit der beiden unterscheidet sich sehr von unseren Aufgaben, da sie im Gegensatz zu uns nicht nur Englischlehrerinnen, sondern hauptsächlich “Sisters” sind. Das bedeutet, dass sie in ihrem Projekt mit 29 Mädchen zusammen wohnen, deren Familien teilweise von HIV betroffen sind. Im Abhaya Student Shelter können sie besser betreut werden und haben seit vier Jahren jedes Jahr zwei deutsche Schwestern. Zu den Hauptaufgaben von Mona und Lena zählt natürlich die Unterstützung im Alltag, aber auch die “Cycling class”, wo die Mädchen Fahrrad fahren lernen und natürlich die “Play time”, wo unter anderem begeistert zu “Memories” von David Guetta Stopptanz gemacht wird. Natürlich geben die beiden auch Englischunterricht, aber anders als bei uns zählt vor allem, dass sie die Kinder in ihrem normalen Alltag unterstützen.
Am Morgen unserer Ankunft um 7 Uhr, wurden wir von verschlafenen Mädchen mit einem herzlichen “Good morning sister, how are you?” begrüßt und wir haben uns gleich sehr wohl gefühlt. Am Nachmittag haben Mona und Lena “Skill building” mit den Mädchen gemacht: sie hatten viele Spangen, Haargummis und Dekoration gekauft um mit den Mädchen neuen Haarschmuck herzustellen. An dieser Stelle müssen wir unseren Freundinnen ein großes Lob aussprechen! Denn trotz großer Unordnung, vielen “Sister”-Rufen und Kleinarbeit mit Nadeln und winzigen Steinen, sind die zwei gelassen geblieben und das Resultat konnte sich wirklich sehen lassen! Die Mädchen haben wunderschönen Haarschmuck gemacht, sodass wir sehr beeindruckt waren.
Ein weiteres Highlight war der Besuch in einer “Textile factory” in Tirupur, etwa zwei Stunden entfernt von Coimbatore. Dank NMCT hatten wir die Möglichkeit uns eine Fabrik anzuschauen, in der Kleidung für europäische und amerikanische Firmen hergestellt wird. Aber was hat man sich darunter eigentlich vorzustellen?
Eigentlich hatten wir erwartet, dass wir in eine riesige Arbeitshalle kommen würden, wo es stickig und heiß ist, die Menschen stundenlang arbeiten und man vor allem auf Kinderarbeit stößt. Denn es ist kein Geheimnis, dass viele große Konzerne Menschen in Entwicklungsländern ausbeuten und unter schlechtesten Bedingungen arbeiten lassen. Die Realität war, in unserem Fall, zum Glück eine andere:
Wir haben eine riesige Halle betreten, in der etwa 70 Menschen gearbeitet haben. Das Gebäude wurde vor vier Jahren gebaut, auf dem Dach befanden sich Solarkollektoren, im Inneren liefen Ventilatoren und die Menschen scheinen gute Arbeitsbedingungen zu haben. Nach einigen Unterhaltungen wurde deutlich, dass die Fabrikbesitzer, aber auch der Manager einer Vermittlungsagentur, großen Wert darauf legen:
1. Der Arbeitslohn für einen Tag ist zwar von der Leistungsfähigkeit eines jeden Arbeiters abhängig, aber man kann pro Tag etwa 350-500 RS verdienen, was etwa zwischen 5 und 7 Euro sind. Das ist für indische Verhältnisse nicht wenig, wenn man bedenkt, dass ein Reisarbeiter maximal 80 RS, also 1,20 Euro, verdient.
2. Sind die Arbeitszeiten sehr gut: Um 9 Uhr morgens beginnt die Arbeit und es gibt drei Pausen, zwei kurze Teepausen und eine Mittagspause. Arbeitsende ist offiziell um 17 Uhr, man kann aber auch bis 21 Uhr arbeiten und somit mehr verdienen. Manchmal müssen auch Nachtschichten eingelegt werden, die um 1 Uhr nachts enden.
3. Sehr wichtig ist vor allem, dass die Arbeiter versichert sind. Das ist in Indien nicht üblich und sehr teuer, weshalb man die Arbeitsstelle als eine sehr gute bewerten kann.
Alles in allem haben wir an diesem Tag sehr viel über Produktion und Vermarktung von Kleidung erfahren und endlich verstehen können, wie unsere Anziehsachen entstehen. Man muss an dieser Stelle aber auch betonen, dass wir uns die Produktion von einer Firma angeschaut haben, die “ethnical trade” unterstützt. Wer mehr darüber erfahren möchte, kann sich im Internet die verschiedenen Firmen durchlesen. Leider haben nur sehr wenige Firmen Interesse an guten Arbeitsbedingungen für die Arbeiter in Indien, Bangladesh, Kambodscha oder China, sodass unsere Kleidung meistens unter schlechten Umständen produziert wird.
Wir selbst wissen noch nicht genau, wie wir mit unseren neuen Kenntnissen umgehen sollen, da wir eindeutig zu wenig Einsicht in die Produktion bekommen haben, um darüber werten zu können. Aber wir hoffen trotzdem, dass wir mehr Menschen dazu anregen können darüber nachzudenken, wo man welche Kleidung, Schokolade oder Tee kauft und sich bewusst darüber zu sein, dass fairer Handel in einigen Fällen ziemlich viel bewirken kann.
An dieser Stelle einen großen Dank an Mona, Lena und die Mädchen, die uns in ihrer Familie als “Sisters” aufgenommen haben und uns vier sehr schöne Tage bereitet haben, die wir so schnell nicht mehr vergessen werden. Vielen Dank auch an den Director Sir von NMCT, da wir ohne seine Zustimmung niemals diese tolle Erfahrung gemacht hätten und so viele neue Eindrücke hätten sammeln können!
Es grüßen euch aus dem warmen Indien eure Ronja und Johanna!
You are what you eat – Zur Zeit sind wir indisch
Viele fragen uns: “Wie geht es euch mit dem Essen? Was isst man eigentlich so in Indien? Mögt ihr das Essen?” und wir antworten meist mit “Indisches Essen schmeckt super und wir mögen es sehr, aber das ein oder andere Vollkornbrot vermissen wir schon.
Aber fangen wir erst mal mit dem Frühstück an:
In Indien gibt es drei warme Mahlzeiten am Tag- deshalb haben wir auch schon länger kein Vollkornbrot oder Müsli am Morgen gegessen, sonder greifen auf warme, zwiebel- und knoblauchhaltige Speisen zurück. Und obwohl sie sehr lecker sind- auch nach vier Monaten haben wir uns noch nicht so ganz an das warme Frühstück gewöhnt und genießen das Essen mehr, wenn wir es abends serviert bekommen.
Poori und Kurma
Zum Mittagessen gibt es jeden Tag Reis- ohne Ausnahme! Dazu gibt es meistens Sambar, was man sich ähnlich wie einen Eintopf vorstellen muss. Außerdem wird oft eine Mischung von verschiedenen Gemüsesorten und Kokusnuss angebraten und ein bisschen Appalam (ein Brot, was schmeckt wie Pommbären)
Zum Abendessen gibt es eigentlich das gleiche wie zum Frühstück. All diese Speisen werden “Tiffen” genannt, dazu gehören Idly, Dosai, Poori und Chappathi und werden selbstverständlich mit der rechten (!) Hand gegessen. Kleines Geheimnis: In unserer Wohnung essen wir aber meistens mit Löffeln…
Dosai und Wheatdosai jeweils mit Tomato- oder Coconut-chutney
Und wenn wir das alles nicht mehr sehen können: Dann greifen wir einfach auf unsere Bibliothek an Tütensuppen zurück, die wir dank unserer Lieben zu Hause aufgebaut haben und uns regelmäßig daran erfreuen.
Wir wünschen euch einen guten Appetit!
Johanna und Ronja
Mittwoch, 18. Januar 2012
Hier noch ein Nachtrag der Karl Kübel Stiftung
BLZ 509 500 68
Kontonummer 50 50 000
Es tut sich was!
Allem voran möchten wir uns gleich am Anfang für Eure große Anteilnahme und das Interesse bedanken, welches Ihr uns trotz der Entfernung am Zyklon Thane gezeigt habt. Es tut gut, zu wissen, dass es zu Hause Menschen gibt, die sich dafür interessieren was hier passiert und uns sehr liebe und aufbauende Worte geschrieben haben.
Es sind jetzt knapp drei Wochen vorüber, seitdem das Unwetter über Pondicherry und Region gewütet hat, die Spuren der Verwüstung sind immer noch sichtbar, werden aber langsam immer weniger.
Der Schock vom Anfang hat sich gelegt, nach vier Tagen hatten wir wieder Strom und Wasser in der Wohnung und Pondicherry ist auch wieder zum Alltag zurück gekehrt. Man sieht die Verwüstung auf den Straßen zwar immer noch, durch die umgestürzten Bäume sieht die Stadt ziemlich kahl und grau aus, doch das Leben geht ganz normal so weiter wie sonst auch.
Diese Kinder haben Hilfsmittel der Karl Kübel Stiftung erhalten
- So ist der Zustand in der Stadt. Doch auf dem Land und in der Gegend um die Stadt “Cuddalore” sieht es nach wie vor sehr wüst aus. Letzten Samstag sind wir dort in einen einstündigen Stau geraten, weil die Dorfbewohner gemeinsam demonstriert haben: Sie haben noch immer keinen Strom!
Am Montag, den 16. Januar sind wir gemeinsam mit unserem Director Sir und zwei Mitarbeitern von REAL in zwei betroffene Dörfer in der Nähe von Cuddalore gefahren um Hilfgüter zu verteilen, welche durch Spenden der Karl Kübel Stiftung finanziert wurden.
Auch, wenn es auf dem Foto nicht so scheint, die Kinder haben sich sehr über die Spenden gefreut. In Indien lacht man auf Fotos nicht gerne.
Am Tag zuvor sind Mitarbeiter in die Dörfer gefahren um die Familien zu treffen um mit ihnen zu besprechen, was am meisten benötigt wird, um wieder zurück in ein normales Leben zu finden. Nach einigen Besprechungen war das Ergebnis klar: Neue Rucksäcke, Hefte und Stifte werden benötigt, damit die Kinder weiterhin ihre Schulbildung absolvieren können. Für die 0-5 Jährigen wurde ein Hygiene-Paket bereit gestellt.
In einer teilweise etwas chaotischen, aber erfolgreichen Verteilungsaktion haben wir dann als Repräsentanten der Karl Kübel Stiftung die Hilfgüter verteilt. Die Dorfbewohner waren sehr glücklich über die Hilfe und haben nun Hoffnung, dass sie in Zukunft wieder ein geregeltes Leben führen können. Dennoch, der Normalzustand ist noch lange nicht erreicht- Hausdächer sind teilweise abgedeckt, die Menschen haben einiges an Hab und Gut verloren.
Auf der Homepage der Karl Kübel Stiftung http://www.kkstiftung.de gibt es einen weiteren Bericht über die Katastrophe und auch die Möglichkeit, die Menschen vor Ort finanziell zu unterstützen.
Wir freuen uns schon, euch bald wieder erfreulichere Nachrichten aus unserem Leben als Freiwillge zu schicken.
Alles Liebe,
Eure Johanna und Ronja